Wie Firmen dem Staat die Kontrolle entreißen

Julia Reuss, bislang Büroleiterin der digitalen Staatsministerin im Kanzleramt (und Freundin von Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur) wechselt Ende Februar zu Facebook. Sie wird als "Public Policy-Direktorin für Zentraleuropa" eine Top-Lobbyistin des Internet-Giganten sein. Erst die Tech-Konzerne kontrollieren, dann nahtlos deren Lobbyistin werden: So hält die digitale Transformation beim Prinzip Drehtüre Einzug. Und sie schwächt die staatliche Kontrolle über die ohnehin viel zu mächtig gewordenen digitalen Konzerne. Auch der gerichtlich gescheiterte Versuch von Jens Spahn, eine Kooperation mit Google einzugehen und damit staatliche Informationen in der Gesundheitspolitik nach vorne zu spielen gehört in diese Kategorie. Das Vorhaben scheiterte vor Gericht, weil Burda dagegen klagte. Wer derlei Entwicklungen schon für unappetitlich hält, muss nur nach Nevada schauen, um zu sehen, was da am Horizont noch so auf uns zukommt. Dagegen sind Drehtüren zwischen Politik und Industrie eine harmlose Begleiterscheinung. 

In Nevada geht das Projekt "Innovationszone" in die Endphase. Es ist eine Smarte Stadt der Zukunft, basierend auf der Blockchain. Die Zone wird mitten in der Wüste in der Nachbarschaft der Gigafabrik von Tesla errichtet. Nach ihrer Fertigstellung irgendwann ab 2022, wird sie von einem kleinen Gremium geführt werden, auf das der Investor des Projektes maßgeblichen Einfluss nimmt. In der Innovationszone werden von den Betreibern gleich auch die staatlichen Aufgaben mit übernommen, von Polizei und Feuerwehr, über das Schul- und Gerichtswesen, bis hin zur Eintreibung von Steuern. Zur Begründung hört man genau das, was auch das Corona-Politbüro von Angela Merkel dem Bundestag in Sachen Corona-Management entgegenhält: Ihr seid zu langsam und unflexibel und solchen komplexen Aufgaben nicht gewachsen, daher müssen wir das Management an uns ziehen. Die "Innovationszone" in Nevada ist jedoch nur der Einstieg in etwas viel größeres. Binnen weniger Jahre werden viele Bundesstaaten - und schließlich auch (deutsche) Bundesländer - dieser Blaupause folgen. 

Es wird eine Massenbewegung semi-autonomer oder völlig autonomer Zonen geben, in denen Seilschaften aus Wall Street und Silicon Valley Schritt für Schritt die Macht übernehmen und die Staaten schließlich ablösen. Mit Hilfe der von ihnen kontrollierten digitalen Währungen werden wir dann in einer Weise über Transaktionssteuern und Abgaben so ausgesaugt, dass uns der hungrige Staat von heute in der Rückschau appetitlos vorkommen wird. Die US-Zeitungen widmen der Innovationszone viele Schlagzeilen, in Deutschland greifen die etablierten Zeitungen ihr Entstehen lieber nicht zu prominent auf. Sie haben es bisher verschlafen und/oder unterdrückt. Es war ja auch viel wichtiger, Donald Trump regelmäßig in die Pfanne zu hauen, als relevante Entwicklungen im Land der Bedeutung und Reichweite entsprechend zu schildern ...


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